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Einfache Bahnbestimmung von Kometen

Der nachfolgende Text ist eine Abschrift eines Papers von Dieter Ewald „Eine erste Bahnbestimmung von Kometen“ aus dem Jahr 1993.

Vorwort

Der folgende Beitrag über eine erste Bahnbestimmung von Kometen war eigentlich für das Projekt „Kometenhandbuch“ der VdS Fachgruppe Kometen vorgesehen, konnte jedoch dann nicht mit aufgenommen werden, wegen thematischer Überschneidungen mit einem gleichartigen Kapitel. Weil es redaktionell in annehmbarer Zeit nicht gelungen ist, einen Kompromiss zu finden, der für mich akzeptabel wäre, zog ich diesen Beitrag zurück.

Um meine Arbeit nicht in den Papierkorb zu werfen, habe ich mich jetzt entschlossen, sie hier in den KPM zu veröffentlichen. Vielleicht gebe ich den einen oder anderen Leser von KPM damit eine Anregung, sich mit diesem interessanten Gebiet der Himmelsmechanik zu beschäftigen.

Gleichzeitig danke ich Jost Jahn bei dieser Gelegenheit für die Möglichkeit und Ermutigung meine Arbeit zu veröffentlichen.

Einleitung

Die Bestimmung einer ersten parabolischen Bahn aus drei geozentrischen Beobachtungen gehört zu den Grundaufgaben der Himmelsmechanik. Schon frühzeitig erkannte man, dass sich die Bewegung von „neuen“ Kometen sich hinreichend mit parabelförmigen Bahnen beschreiben lies. Deshalb stand dieses Problem im Mittelpunkt des Interesses der Astronomen.

Das Verfahren, das hier beschrieben werden soll, wurde in dieser Form von Olbers entwickelt und ist als die Olbersche Methode¹ zur Parabelbahnbestimmung allgemein bekannt geworden. Auf nähere Erläuterungen der Zusammenhänge und Ableitungen von Formeln wird hier verzichtet – um tiefer in die Problematik der gesamten Bahnrechnung einzudringen, ist das Studium der Literatur unumgänglich. Mit Hilfe der folgenden Gleichungen sollte es möglich sein die Bahnelemente zu bestimmen und so eine Beobachtungsephemeride zu rechnen, die einige Tage oder Wochen brauchbar ist.

¹ Der Kern der Olberschen Methode besteht in der Bestimmung des Verhältnisses $\Phi_3$ zu $\Phi_1$ und der Anwendung der Lambertschen Formel. Für das Verhältnis der kurtierten Distanzen $\Phi_3$ und $\Phi_1$ wird die Annahme gemacht, dass man für die Verhältnisse der Flächen $n_1$ zu $n_3$ bzw. $N_3$ zu $N_1$ die Zwischenzeiten setzen kann, d.h., dass die Sehnen der Parabelbahn und der Erdbahn zwischen den äußeren Beobachtungen von den mittleren Radiusvektoren im Verhältnis der Zeiten geschnitten werden. Für Kometenbahnen haben bereits Euler und Lambert diese Voraussetzung gemacht – Olbers dehnte dieses auch auf die Erdbahn aus und fand damit ein recht praktikables Verfahren zur Bahnbestimmung von Parabelbahnen. Diese Fußnote wird durch die nachfolgenden Beschreibungen deutlich.

Parabelbahnen

Eine Parabelbahn wird durch die folgenden fünf Bahnelemente eindeutig charakterisiert:

  • die Bahnneigung $i$,
  • die Länge des aufsteigenden Knotens $\Omega$,
  • das Argument der Perihellänge $\omega$ (gezählt von $\Omega$ aus),
  • den Perihelabstand $q$,
  • den Zeitpunkt des Periheldurchgangs $T$

Um fünf Bahnelemente festlegen zu können, müssen ebenso viele unabhängige Beobachtungsgrößen vorliegen. Es werden also mindestens drei vollständige Beobachtungen notwendig sein, um mit den gemessenen sphärischen Koordinaten, die sich auf den Himmelsäquator (Rektaszention $\alpha$, Deklination $\delta$) oder die Ekliptik (Länge $\lambda$, Breite $\beta$) beziehen, eine Bahn zu rechnen. Für die Bahnbestimmung nach folgenden Gleichungen werden die ekliptikale Länge $\lambda$ und ekliptikale Breite $\beta$ benötigt.

Umwandlung der $\alpha,\delta$-Werte in $\lambda,\beta$-Werte

In den meisten Fällen werden die Koordinaten des Objektes in $\alpha$ und $\delta$ vorliegen, wie es beim Anschluss an Katalogsterne üblich ist. Die Umrechnung dieser Werte erfolgt quadrantenrichtig mit der Glg. 1 zu $$\begin{align} \beta &= \arcsin(\sin(\delta)\cdot\cos(\varepsilon) - \cos(\delta)\cdot\sin(\varepsilon)\cdot\sin(\alpha)) \\\\ \lambda &= 2\cdot\arctan\left(\frac{\sin(\delta)\cdot\sin(\varepsilon) + \cos(\delta)\cdot\cos(\varepsilon)\cdot\sin(\alpha)}{\cos(\beta) + \cos(\alpha)\cdot\cos(\delta)}\right) \end{align}\tag{1}$$ wobei bei $\lambda \lt 0$ genau 360° addiert wird. Die Neigung der Ekliptik beträgt

  • für $B1950.0$: $\varepsilon = 23\overset{\circ}{.}44579$ bzw.
  • für $J2000.0$: $\varepsilon = 23\overset{\circ}{.}43929$

Berechnung der Erdposition

Bekannt sein müssen weiterhin die drei Positionen der Erde zu den Zeitpunkten $i = 1, 2, 3$ der Beobachtung. Diese beschafft man sich, bezogen auf dasselbe Äquinoktium wie und $\lambda$ und $\beta$, aus einem Jahrbuch oder errechnet diese hinreichend genau mit dem anschließend dargestellten Formelsatz. Benötigt werden die heliozentrische Länge $L$ und der Radiusvektor $R$ der Erde. Die Breite der Erde weicht maximal $1\overset{''}{.}2$ von der Ekliptikebene ab und bleibt unberücksichtigt – ebenso Aberration, Lichtzeitkorrektur und Parallaxe für diese erste Bahnbestimmung.

Für die drei Zeitpunkte der Beobachtung sind jeweils zu berechnen:

  • die mittlere Länge $L'$ der Sonne
  • die mittlere Anomalie $M$ der Sonne
  • die mittlere Exzentrizität der Sonne $\epsilon$

$$\begin{align} L_{i}' &= 279\overset{\circ}{.}69668 + 36000\overset{\circ}{.}76892\cdot T_i \\ M_{i} &= 358\overset{\circ}{.}47583 + 35999\overset{\circ}{.}04975\cdot T_i \\ \epsilon_{i} &= 0.016751 - 0.0000418\cdot T_i \end{align}\tag{2}$$ Die Mittelpunksgleichung $C$ lautet mit der Anomalie der Sonne

$$\begin{align} C_i =&\;(1\overset{\circ}{.}91946 - 0\overset{\circ}{.}004789\cdot T_i)\cdot\sin(M) \\ &+0.020095\cdot\sin(2\cdot M) \\ &+0.000293\cdot\sin(3\cdot M) \end{align}\tag{3}$$ Zum Zeitpunkt des Äquinoktium des Datums betragen dann die wahre Länge $L$ der Sonne, die Anomalie $\nu$ der Sonne und der Radiusvektor $R$ zur Sonne $$\begin{align} L_i =&\;L_{i}' + C_i \\ \nu_i =&\;M_{i} + C_i \\ R_i =&\;1.0000002\cdot\frac{1 - \epsilon_i^2}{1 + \epsilon_i\cdot\cos(\nu_i)} \end{align}\tag{4}$$ Um die Länge in einem Standardäqunoktium zu erhalten, ist die Präzession anzubringen. Diese lautet für $B1950.0$ $$\begin{align} T_i =& \frac{JD_i - 2433282.423}{36525} \\ p_i =& 1\overset{\circ}{.}3966626\cdot T_i + 0\overset{\circ}{.}0003088\cdot T_i^2 \end{align}\tag{5}$$ und für $J2000.0$ $$\begin{align} T_i =& \frac{JD_i - 2451545.0}{36525} \\ p_i =& 1\overset{\circ}{.}3969713\cdot T_i + 0\overset{\circ}{.}0003088\cdot T_i^2 \end{align}\tag{6}$$ Damit ergibt sich letztlich die Länge der Erde zu $L_i = L_i + 180^{\circ} - p_i$. Ergibt sich ein negativer Wert, sind $360^{\circ}$ zu addieren, bei Längen die größer sind als $360^{\circ}$ sind selbige zu subtrahieren.

Die Bahnbestimmung

Sind alle Vorausberechnungen vollzogen, so stehen die folgenden Werte für die eigentliche Berechnung zur Verfügung:

  • die Beobachtungszeitpunkte $t_i,\quad i = 1, 2, 3$
  • die ekliptikalen geozentrischen Längen $\lambda_i,\quad i = 1, 2, 3$ in Grad
  • die ekliptikalen geozentrischen Längen $\beta_i,\quad i = 1, 2, 3$ in Grad
  • die heliozentrischen Längen der Erde $L_i,\quad i = 1, 2, 3$ in Grad
  • die Entfernungen der Erde zur Sonne $R_i,\quad i = 1, 2, 3$ in Astronomischen Einheiten (AE)

Aus den Beobachtungszeitpunkten werden die Differenzen \[\begin{aligned} \tau_1 &= k\cdot (t_3 - t_2) \\ \tau_2 &= k\cdot (t_3 - t_1) \\ \tau_3 &= k\cdot (t_2 - t_1) \end{aligned}\tag{7}\]

mit der Konstante $k = 0.01720209895$ gebildet.

Die $t_i$ mit $i = 1, 2, 3$ sind als Bruchteile von Jahrhunderten seit dem julianischen Tag $JD = 2415020.0$ in der Notation $\large t_i = \frac{JD_i - 2415020.0}{36525}$ zu berechnen.

Das Verhältnis $M$ der kurtierten (= auf die Ekliptikebene des Kometen projizierten) Distanzen wird berechnet zu \[\begin{align} M_1 &= \tau_1\cdot\big[\tan(\beta_2)\cdot\sin(\lambda_1 - L_2) - \tan(\beta_1)\cdot\sin(\lambda_2 - L_2)\big] \\ M_2 &= \tau_3\cdot\big[\tan(\beta_3)\cdot\sin(\lambda_2 - L_2) - \tan(\beta_2)\cdot\sin(\lambda_3 - L_2)\big] \\ M &= \frac{M_1}{M_2} \end{align}\tag{8}\]

Unter der Annahme eines geschätzten Wertes der Distanz $\Phi_1$ (Anfangswert im Bereich von $0.5 - 1.5 AE$) wird der tatsächliche Radiusvektor $r_1$ der ersten Beobachtung, der tatsächliche Radiusvektor $r_3$ der dritten Beobachtung und die zwischen $r_1$ und $r_3$ liegende Sehne $s$ mit \[\begin{align} r_{1}^2 &= R_{1}^2 + 2\cdot R_1\cdot\cos(\lambda_1 - L_1)\cdot\Phi_1 + \frac{\Phi_{1}^2}{\cos^2(\beta_1)} \\ r_{3}^2 &= R_{3}^2 + 2\cdot R_3\cdot\cos(\lambda_3 - L_3)\cdot\Phi_1\cdot M + \frac{M^2\cdot\Phi_{1}^2}{\cos^2(\beta_3)} \\ s^2 &= r_{1}^2 + r_{3}^2 - 2\cdot R_1\cdot R_3\cdot\cos(L_3 - L_1) \\ &- 2\cdot\Phi_1\cdot\big[R_1\cdot M\cdot\cos(\lambda_3 - L_1) + R_3\cdot\cos(\lambda_1 - L_3)\big] \\ &- 2\cdot M\cdot\Phi_{1}^2\cdot\big[\cos(\lambda_3 - \lambda_1) + \tan(\beta_1)\cdot\tan(\beta_3)\big] \\ \end{align}\tag{9}\]

berechnet. Anschließend werden die Werte $r_1, r_3$ und $s$ in die Lambertsche Gleichung $$6\cdot k\cdot\tau_2 = \sqrt{(r_1 + r_3 + s)^3} - \sqrt{(r_1 + r_3 - s)^3}\tag{10}$$

eingesetzt, um deren die Richtigkeit zu prüfen. Ist die Gleichung nicht erfüllt, wird mit einem neuen Wert von $\Phi_1$ gerechnet. Es wird so lange iteriert bis die Gleichung erfüllt ist. Sind die Gleichungen in Glg. 9 mit zwei verschiedenen Werten von $\Phi_1$ durchgerechnet, kann man mittels der Regula falsi einen neuen Wert berechnen. Ist die Abweichung nur noch $0.001$, kann abgebrochen werden.

Die Bestimmung der Bahnelemente

Ist die Iteration nach der Lambertschen Gleichung abgeschlossen, erfolgt die Berechnung der Bahnelemente. Mit $\Phi_1$ und $M$ ergibt sich $\Phi_3 = \Phi_1\cdot M$. Die Breiten $b_1$ und $b_3$ in der Bahn betragen \[\begin{align} b_1 &= \arcsin\left(\frac{\Phi_1\cdot\tan(\beta_1)}{r_1}\right)\\ b_3 &= \arcsin\left(\frac{\Phi_3\cdot\tan(\beta_3)}{r_3}\right) \end{align}\tag{11}\]

Die Längen $l_1$ und $l_3$ in der Bahn betragen \[\begin{align} l_1 &= 2\cdot\arctan\left(\frac{r_1\cdot\cos(b_1) - \Phi_1\cdot\cos(\lambda_1) - R_1\cdot\cos(L_1)}{\Phi_1\cdot\sin(\lambda_1) + R_1\cdot\sin(L_1)}\right) \\ l_3 &= 2\cdot\arctan\left(\frac{r_3\cdot\cos(b_3) - \Phi_3\cdot\cos(\lambda_3) - R_3\cdot\cos(L_3)}{\Phi_3\cdot\sin(\lambda_3) + R_3\cdot\sin(L_3)}\right) \end{align}\tag{12}\]

Die Hilfsgrößen $d$, $c$ und $a$ werden zu

\[\begin{align} d &= \tan(b_1)\cdot\sin(l_3 - l_1) \\ c &= \tan(b_3) - \tan(b_1)\cdot\cos(l_3 - l_1) \\ a &= \arctan\left(\frac{d}{c}\right) \end{align}\tag{13}\]

berechnet. Ist $c \lt 0$, so wird zu $a$ genau $180^{\circ}$ addiert. Beträgt $a \lt 0$, so wird zu $a$ genau $360^{\circ}$ addiert. Damit ergibt sich als Erstes die Knotenlänge $\Omega$ und die Bahnneigung $i$ gegen die Ekliptik zu \[\begin{align} \Omega &= a + l_1 \\ i &= \arctan\left(\frac{\tan(b_1)}{\sin(a)}\right) \end{align}\tag{14}\]

wobei für $l_3 \lt l_1$ eine rückläufige Bahn vorliegt und dann $i = 180^{\circ} - i$ zu setzen ist! Die Berechnung der Argumente der Breite $u_1$ und $u_3$ erfolgt durch \[\begin{align} u_1 &= \arctan\left(\frac{\tan(l_1 - \Omega)}{\cos(i)}\right) \\ u_3 &= \arctan\left(\frac{\tan(l_3 - \Omega)}{\cos(i)}\right) \end{align}\tag{15}\]

wobei für $i = 1,2$ für eine Bahnneigung $i$ von weniger als $90^{\circ}$ $l_1 - \Omega$ und $u$ im selben Quadranten und für eine Bahnneigung von mehr als $90^{\circ}$ $l_1 - \Omega$ und $360^{\circ} - u$ im selben Quadranten zu nehmen sind. Weiter wird die Hilfsgröße $f$ bestimmt zu \[\begin{align} f &= \frac{u_3 - u_1}{2} \\ \nu &= \arctan\left(\dfrac{\dfrac{1}{\sqrt{r_1}\cdot\tan(f)} - \dfrac{1}{\sqrt{r_3}\cdot\sin(f)}}{\dfrac{1}{\sqrt{r_1}}}\right)\\ &= \arctan\left(\dfrac{1}{\tan(f)} - \dfrac{\sqrt{r_1}}{\sqrt{r_3}\cdot\sin(f)}\right) \end{align}\tag{16}\]

woraus die Länge des Perihel $\pi$, das Argument der Perihellänge $\omega$, die Periheldistanz $q$ und die Zeit $T$ des Periheldurchganges zu \[\begin{align} \pi &= u_1 - 2\cdot\nu + \Omega \\ \omega &= u_1 - 2\cdot\nu \\ q &= r_1\cdot\cos^2(\nu) \\ T &= \frac{\sqrt{2}}{k}\cdot q^{\frac{3}{2}}\cdot\left(\tan(\nu) + \frac{1}{3}\cdot\tan^3(\nu)\right) + t_1 \end{align}\tag{17}\]

ermittelt wird.

Sind die Bahnelemente ermittelt, ist mit diesen zweckmäßigerweise eine Kontrollrechnung durchzuführen, inwieweit die Koordinaten der Beobachtung zum Zeitpunkt $t_2$ übereinstimmen. Sollten größere Abweichungen auftreten, die sich nicht aus Beobachtungsfehler erklären lassen und die Messwerte $t_1$ und $t_3$ symmetrisch zu $t_2$ liegen, ist mit einem neuen $M$ ein neuer Satz Bahnelemente zu berechnen. Sollten wiederholte Ansätze nicht zu einem befriedigendem Ergebnis führen, so lässt sich eine Parabeibahn aus diesen drei Beobachtungen nicht darstellen.

Berechnung einer Ephemeride für eine Parabelbahn

Für die Rechnung ist es von Vorteil, mit den Gausskonstanten $P_x,P_y$ und $P_z$ bzw. $Q_x,Q_y$ und $Q_z$ zu rechnen. Mit den Hilfsgrößen \[\begin{align} H_1 &= \cos(\omega)\cdot\sin(\Omega) + \sin(\omega)\cdot\cos(\Omega)\cdot\cos(i) \\ H_2 &= \sin(\omega)\cdot\sin(i) \\ H_3 &= -\sin(\omega)\cdot\sin(\Omega) + \cos(\omega)\cdot\cos(\Omega)\cdot\cos(i) \\ H_4 &= \cos(\omega)\cdot\sin(i) \end{align}\tag{18}\]

erhält man sie zu

\[\begin{align} P_x &= \cos(\omega)\cdot\cos(\Omega) - \sin\omega\cdot\sin(\Omega)\cdot\cos(i) \\ P_y &= H_1\cdot\cos(\varepsilon) - H_2\cdot\sin(\varepsilon) \\ P_z &= H_2\cdot\cos(\varepsilon) + H_1\cdot\sin(\varepsilon) \end{align}\tag{19}\]

und \[\begin{align} Q_x &= -\sin(\omega)\cdot\cos(\Omega) - \cos(\omega)\cdot\sin(\Omega)\cdot\cos(i) \\ Q_y &= H_3\cdot\cos(\varepsilon) - H_4\cdot\sin(\varepsilon) \\ Q_z &= H_4\cdot\cos(\varepsilon) + H_3\cdot\sin(\varepsilon) \end{align}\tag{20}\]

Daraus werden die Größen \[\begin{align} A &= 3\cdot k\cdot\frac{t_2 - T}{2\cdot\sqrt{2}\cdot q^{\frac{3}{2}}} \\ z &= \textrm{sgn}(A) \\ x &= \sqrt[3]{\sqrt{A^2 + 1} + z\cdot A} - \sqrt[3]{\sqrt{A^2 + 1} - z\cdot A} \end{align}\tag{21}\]

bestimmt. Zusätzlich wichtig sind noch die Größen \[\begin{align} r &= q\cdot (1 + x^2) \\ F_1 &= q\cdot (1 - x^2) \\ F_2 &= 2\cdot q\cdot x\cdot z \end{align}\tag{22}\]

Die kartesischen geozentrischen Koordinaten sind dann

\[\begin{align} X &= F_1\cdot P_x + F_2\cdot Q_x - X_e \\ Y &= F_1\cdot P_y + F_2\cdot Q_y - Y_e \\ Z &= F_1\cdot P_z + F_2\cdot Q_z - Z_e \end{align}\tag{23}\]

wobei die Werte $X_e,Y_e$ und $Z_e$ (Erdkoordinaten) aus $R$ und $L$ vorher zu \[\begin{align} X_e &= R\cdot\cos(L) \\ Y_e &= R\cdot\sin(L)\cdot\cos(\varepsilon) \\ Z_e &= R\cdot\sin(L)\cdot\sin(\varepsilon) \\ \end{align}\tag{24}\]

errechnet werden müssen. Die Entfernung Erde-Komet $\Delta$, die Deklination $\delta$ und die Rektaszension $\alpha$ betragen dann jeweils \[\begin{align} \Delta &= \sqrt{X^2 + Y^2 + Z^2} \\ \delta &= \arcsin\left(\frac{Z}{\Delta}\right) \\ \alpha &= \frac{2}{15}\cdot\arctan\left(\dfrac{\Delta\cdot\cos(\delta) - X}{Y}\right) \\ \end{align}\tag{25}\]

Beträgt die Rektaszension $\alpha$ weniger als $0^h$, so sind $24^h$ zu addieren.

Beispiele

Beispiel 1

Tab.1: Gemessene Positionen des Kometen Zanotta-Brewington ($1991g1$) für $B1950.0$

Datum Zeit Rektaszension Deklination
JJJJ MM TT hh:mm hh:mm:ss.s sgg:mm:ss
1992 01 12 17:12 22:04:45.9 +07:58:07
1992 01 17 17:11 22:29:30.6 +03:23:08
1992 01 21 17:08 22:50:04.8 -01:02:46

Im ersten Beispiel sollen die Bahnelemente des Kometen Zanotta-Brewington ($1991g1$) aus drei vollständigen Beobachtungen errechnet werden. Durch den Autor wurden an drei Abenden Positionsmessungen des Kometen mittels Ringmikrometer an einem 11cm Refraktor durchgeführt. Nach den Berechnungen mit Anschluss an SAO Katalogsterne ergeben sich mittels der Ausgangswerte in der Tab.1 die in der Tab.2 aufgeführten Ausgangswerte der Bahnberechnung.

Tab.2: Errechnete Ausgangswerte von Komet Zanotta-Brewington (1999g1) für $B1950.0$

Nummer $\beta$ $\lambda$ $R$ $L$
1 $18\overset{\circ}{.}486$ $336\overset{\circ}{.}203$ $0.98348\;AE$ $111\overset{\circ}{.}166$
2 $11\overset{\circ}{.}944$ $340\overset{\circ}{.}363$ $0.98377\;AE$ $116\overset{\circ}{.}268$
3 $05\overset{\circ}{.}897$ $343\overset{\circ}{.}483$ $0.98409\;AE$ $120\overset{\circ}{.}328$

Aus den obengenannten Werten ergibt sich ein Verhältnis der Distanzen $M = 0.928913$. Es wurde jeweils mit einem $\Phi_1$ von $1.5\;AE$ und $0.8\; AE$ durchgerechnet und entsprechend überprüft. Die geringste Abweichung von $\lt 0.00001\;AE$ ergab sich bei einem Wert $\Phi_1 = 0.82212\;AE$. Mit diesem $\Phi_1$ ergeben sich folgende Rechenergebnisse:

\(\begin{align} \Phi_3 &= 0.76368\;AE\\ b_1 &= 21\overset{\circ}{.}233\\ b_3 &= 6\overset{\circ}{.}669\\ l_1 &= 55\overset{\circ}{.}848\\ l_3 &= 69\overset{\circ}{.}591 \end{align}\)

Für das Äquinoktium $B1950.0$ ergeben sich die in der Tab.3 aufgelisteten Bahnelemente im Vergleich zu den von der IAU verbreiteten Bahnelementen. Man kann damit schon feststellen, dass diese „einfache Methode“ der Bahnbestimmung relativ gute Werte liefert, die hinreichend genau für eine Beobachtungsephemeride sind.

Tab.3: Vergleich der Bahnelemente für den Kometen Zanotta-Brewington ($1991g1$)

Bahnelement Eigene Berechnung IAUC Veröffentlichung Differenz
Knotenlänge $\Omega$ $255\overset{\circ}{.}360$ $254\overset{\circ}{.}396$ $-0\overset{\circ}{.}964$
Bahnneigung $i$ $49\overset{\circ}{.}317$ $49\overset{\circ}{.}965$ $+0\overset{\circ}{.}648$
Perihellänge $\omega$ $196\overset{\circ}{.}965$ $197\overset{\circ}{.}727$ $+0\overset{\circ}{.}762$
Perihelabstand $q$ $0.6455\;AE$ $0.6442\;AE$ $-0.0013\;AE$
Penheldurchgang $T$ 1992 01 31.637 1992 01 31.887 $+0\overset{d}{.}250$

Beispiel 2

Tab.4: Gemessene Positionen des Kometen P/Swift-Tuttle ($1992t$) für $B1950.0$

Datum Zeit Rektaszension Deklination
JJJJ MM TT hh:mm hh:mm:ss.s sgg:mm:ss
1992 11 13 18:02 17:52:27.0 +26:12:11
1992 11 21 17:14 18:27:09.2 +15:11:44
1992 11 27 17:48 18:48:25.4 +07:40:04

Im zweiten Beispiel sollen die Bahnelemente des Kometen P/Swift-TAittle ($1992t$) aus drei vollständigen Beobachtungen errechnet werden. Obwohl sich dieser Komet auf einer langgestreckten Ellipse bewegt, ist es möglich genäherte Bahnelemente zu ermitteln. Für die Berechnung stehen wiederum drei Positionen des Kometen zur Verfügung, die durch den Autor mit einem Ringmikrometer vermessen wurden und in Tab.4 aufgelistet sind. Die Ausgangswerte der Bahnberechnung sind in der Tab.5 aufgeführt.

Tab.5: Errechnete Ausgangswerte von Komet P/Swift-Tuttle ($1992t$) für $B1950.0$

Nummer $\beta$ $\lambda$ $R$ $L$
1 $49\overset{\circ}{.}632$ $267\overset{\circ}{.}385$ $0.98937\;AE$ $50\overset{\circ}{.}979$
2 $38\overset{\circ}{.}444$ $278\overset{\circ}{.}374$ $0.98769\;AE$ $59\overset{\circ}{.}014$
3 $30\overset{\circ}{.}529$ $283\overset{\circ}{.}963$ $0.98657\;AE$ $65\overset{\circ}{.}107$

Aus den obengenannten Werten ergibt sich ein Verhältnis der Distanzen $M = 1.122378$. Es wurde jeweils mit einem $\Phi_1$ von $1.5\; SAE$ und $0.8\; AE$ durchgerechnet und entsprechend überprüft. Die geringste Abweichung von $\lt 0.00002\;AE$ ergab sich bei einem Wert $\Phi_1 = 0.77122\;AE$. Mit diesem $\Phi_1$ ergeben sich folgende Rechenergebnisse:

\(\begin{align} \Phi_3 &= 1.15117\;AE\\ b_1 &= 57\overset{\circ}{.}063\\ b_3 &= 43\overset{\circ}{.}008\\ l_1 &= 359\overset{\circ}{.}829\\ l_3 &= 342\overset{\circ}{.}221 \end{align}\)

Da $l_3 \lt l_1$ ist, liegt die Bahnneigung $i$ zwischen $90^{\circ}$ und $180^{\circ}$. Für das Äquinoktium 1950.0 ergeben sich die in der Tab.6 aufgelisteten Bahnelemente im Vergleich zu den von der IAU verbreiteten Bahnelementen. Man erkennt, dass diese Bahnbestimmung auch bei Ellipsenbahnen mit großer Exzentrizität gute Werte liefert.

Tab.6: Vergleich der Bahnelemente für den Kometen P/Swift-Tuttle ($1992t$)

Bahnelement Eigene Berechnung IAUC Veröffentlichung Differenz
Exzentrizität $\epsilon$ $1.0$ $0.963362$ $-0\overset{\circ}{.}036638$
Knotenlänge $\Omega$ $138\overset{\circ}{.}899$ $138\overset{\circ}{.}723$ $-0\overset{\circ}{.}964$
Bahnneigung $i$ $112\overset{\circ}{.}997$ $113\overset{\circ}{.}421$ $+0\overset{\circ}{.}648$
Perihellänge $\omega$ $152\overset{\circ}{.}721$ $152\overset{\circ}{.}974$ $+0\overset{\circ}{.}762$
Perihelabstand $q$ $0.96363\;AE$ $0.95876\;AE$ $-0.00487\;AE$
Penheldurchgang $T$ 1992 12 11.985 1992 12 12.391 $+0\overset{d}{.}406$

Literatur

  • [1] Bauschinger, J.: Die Bahnbestimmung der Himmelskörper, Leipzig 1928
  • [2] Bucerius, J.: Himmelsmechanik Bd.1, Mannheim 1966.
  • [3] Frischauf, J.: Grundriß der theoretischen Astronomie, Leipzig 1922.
  • [4] Hansen, P. A.: Über die Bestimmung der Bahn eines Himmelskörpers (Nachdruck), Leipzig 1903.
  • [5] Stracke, G.: Bahnbestimmung der Planeten und Kometen, Berlin 1929.
  • [6] Stumpff, K.: Himmelsmechanik Bd.1, Berlin 1973

Zu den weiteren Literaturhinweisen.

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