Inhaltsverzeichnis

Planetenpositionen

Fourierreihe

Die Störungsterme der DE200 O. Montenbruck & T. Pfleger und der VSOP87 J. Meeus begegnen dem Astronomen in zweierlei Form: In der Sinus-Cosinus Darstellung und bzw. in der Amplituden-Phasen Form. Beide lassen sich leicht in der jeweiligen mathematischen Darstellung präsentieren. Die DE200 und die VSOP87 können nicht ineinander überführt werden, weil die DE200 auf der klassischen Planetentheorie aus dem JPL (Jet Propulsion Laboratory) aufbaut, während die VSOP87 auf der allgemeinen Theorie in der komplexen Ebene aus dem IMCCE (Institut de mécanique céleste et de calcul des éphémérides) beruht.

Die allgemeine Planetentheorie VSOP87 ist analytischer Natur und bei den inneren Planeten handlicher als die klassische Theorie, während die klassische Planetentheorie DE200 auf numerischer Basis beruht und bei den äußeren Planeten aufgrund der höheren Genauigkeit eine bessere Anwendung findet. Sowohl Meeus als auch Montenbruck/Pfleger haben diese Fourierreihen jeweils unabhängig voneinander durch die Methode der kleinsten Quadrate berechnet. Sowohl die VSOP87 als auch die DE200 sind inzwischen veraltet, liefern aber im Hobbyastronomenbereich immer noch gute Ergebnisse. Aktuellle Planetentheorien sind die DE431 und die INPOP21.

Amplituden-Phasen Darstellung (Meeus)

Die Amplituden-Phasen Darstellung heißt auch Spektraldarstellung. Sie hat die Form:

$$\sum_k c_k\cdot \cos(\omega_k\cdot t - \varphi_k)\tag{1}$$

$c_k$ ist die Amplitude, $\varphi_k$ ist die Phase und $\omega_k\cdot t$ ist die Periode innerhalb des $k$-ten Terms. Die Periode tritt in der Form einer Linearkombination (Harmonien genannt) von Indizes $i,j,k,\dots$ und mittleren Anomalien $H_n = M$ (DE200) oder mittleren Längen $H_n = L$ (VSOP87) auf:

$$i\cdot H_1 + j\cdot H_2 + k\cdot H_3 + ...\tag{2}$$

Diese Harmonien werden durch eine Fourieranalyse bestimmt. Mit Hilfe der Additionstheoreme lassen sie sich leicht in die Sin-Cos Darstellung überführen:

$$\cos(\omega_k\cdot t - \varphi_k) = \cos(\omega_k\cdot t)\cdot \cos(\varphi_k) + \sin(\omega_k\cdot t)\cdot \sin(\varphi_k)\tag{3}$$

Daraus folgt für die Amplituden mit $$a_k = c_k\cdot \cos(\varphi_k) \quad\text{und}\quad b_k = c_k\cdot \sin(\varphi_k)\tag{4}$$

die Sin-Cos Form.

Sin-Cos Darstellung (Montenbruck/Pfleger)

$$\sum_k c_k\cdot \cos(\omega_k\cdot t - \varphi_k) = \sum_k a_k\cdot \cos(\omega_k\cdot t) + \sum_k b_k\cdot \sin(\omega_k\cdot t)\tag{5}$$

Jetzt geht es an die Umkehrung. Sind $a_k$ und $b_k$ bekannt, so erhält man $c_k$ ganz einfach mit dem Pythagoras: $$c_k = \sqrt{a_k^2+ b_k^2}\tag{6}$$

Und der Phasenwinkel $\varphi_k$ ermittelt man mit: $$\varphi_k = \operatorname{arctan2}\left(\frac{b_k}{a_k}\right)\tag{7}$$

Es ist auf eine quandrantentreue Darstellung zu achten.

Aufbau der Reihenentwicklungen

VSOP87

Die Reihen $L_0$, $L_1$, $L_2$, … werden zur Berechnung der heliozentrischen Länge $l$ des Planeten gebraucht, die Reihen $B_0$, $B_1$, $B_2$, … dienen zur Berechnung der heliozentrischen Breite $b$ und schließlich benötigt man die Reihen $R_0$, $R_1$, $R_2$, … zum Berechnen des Radiusvektors $r$. Der Aufbau der Terme in einer Fourierreihe mit $\tau = \frac{T}{10}$ ist folgenderweise:

$$D_k = \sum_n A_n\cdot \cos(B_n + C_n\cdot \tau) \qquad \tau = \frac{T}{10}\tag{8}$$

Die Größen $B_n$ und $C_n$ sind in Bogenmaß angegeben und die Koeffizienten $A_n$ sind in Einheiten von 10$^{-8}$ rad bei Länge und Breite und in Einheiten von 10$^{-8}$ AE beim Radius gegeben. Die Reihenentwicklungen $D_k$ setzen sich noch zusätzlich zusammen zu

\[\begin{align} D &= \frac{180^{\circ}}{\pi}\cdot 10^{-8}\cdot \big( D_0 + D_1\cdot\tau + D_2\cdot\tau^2 + D_3\cdot\tau^3 + D_4\cdot\tau^4 + D_5\cdot\tau^5 \big)\\ &= \frac{180^{\circ}}{\pi}\cdot 10^{-8}\cdot \sum_{k=0}^5 D_k\cdot\tau^k \end{align}\tag{9}\]

wobei $D_k$ und $D$ stellvertretend für $L_k$ und $l$ bzw. $B_k$ und $b$, sowie für $R_k$ und $r$ stehen. Die Amplituden, Phasen und Perioden erhält man aus den Tabellen. Man bekommt rasch die heliozentrischen Koordinaten der Planeten. Die Vorgehensweise bei der DE200 ist aufwendiger und komplexer, dafür hat man aber kleinere Tabellen.

Beispiel 1

 Man berechne die heliozentrische Position von Mars am 15.4.2023 um 22:15 MESZ mit der (gekürzten) Planetentheorie VSOP87 nach J.Meeus.

Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit der einzelnen Rechenschritte werden nachfolgend alle Kommastellen stehen gelassen. Bei einer praktischen Berechnung sollten die Werte natürlich vernünftig gerundet werden!


Die mitteleuropäische Sommerzeit wird in Weltzeit umgewandelt:

$UT = MESZ - 2^{h} = \textrm{22:15} - 2^{h} = \textrm{20:15}$

Der julianische Tag für den 15.4.2023 um 20:15 $UT$ wurde bereits in diesem Beispiel berechnet zu $JD = 2460050.34375$. Die Berechnung der Planetenposition muss in der Zeitskala der dynamischen Zeit $TD$ erfolgen, es gilt $TD = UT + \Delta T$.

Im Jahr 2023 war der Wert von $\Delta T$ etwa $69^{s}$, daher folgt mit 86400 Sekunden pro Tag

$JDE = JD + \frac{69^{s}}{86400\tfrac{s}{d}} = 2460050.344548611$

Damit sind die julianischen Jahrhunderte $T$ bezüglich der Epoche $J2000$ gegeben mit

\(\begin{align} T &= \frac{JDE - 2451545.0}{36525}\\ &= \frac{2460050.344548611 - 2451545.0}{36525}\\ &= 0.23286364267244272 \end{align}\)

In der Planetentheorie VSOP87 werden die Korrekturterme nicht in julianischen Jahrhunderten $T$, sondern in julianischen Jahrtausenden $\tau$ berechnet. Es gilt daher

$\tau = \frac{T}{10} = 0.\color{#ed1c24}{0}23286364267244272$

Sieht man in die VSOP-Tabellen für Mars, erkennt man folgende Termanzahl

  • $L_0, L_1, L_2, L_3, L_4, L_5$: 160 Terme
  • $B_0, B_1, B_2, B_3, B_4, B_5$: 39 Terme
  • $R_0, R_1, R_2, R_3, R_4, R_5$: 93 Terme

also insgesamt 292 Terme. Diese Terme werden nun immer nach demselben Schema addiert

\(\left. {\begin{array}{*{20}{c}} {{L_k}}\\{{B_k}}\\{{R_k}} \end{array}} \right\} = \sum\limits_{n=1}^{N} {{A_n} \cdot \cos \left( {{B_n} + {C_n} \cdot \tau } \right)} \)

wobei $k = 0,1,2,3,4,5$ ist und $N$ jeweils die Termanzahl der entsprechenden Tabelle angibt. Man hat also z.B. für $L_0$ die 69 Terme

\(\begin{align} L_0 &= 620347712\cdot \cos(0.0 + 0.0\cdot\tau)\\ &+ 18656368\cdot \cos(5.05037100 + 3340.61242670\cdot\tau)\\ &+ 1108217\cdot \cos(5.4009984 + 6681.2248534\cdot\tau)\\ &\quad\vdots\quad\quad\vdots\\ &+ 100\cdot \cos(3.243 + 11773.377\cdot\tau)\\ &= 627092790.4702826 \end{align}\)

zu summieren.

Man beachte, dass in der VSOP87 die Argumente der Cosinusfunktion bereits in Radiant gegeben sind, es ist keine Umrechnung mehr erforderlich!

Analog verfährt man für die anderen Größen, man erhält für den gegebenen Zeitpunkt:

Ergebnis Termanzahl $N$
$L_0 = 627092790.4702826$ 69 Terme
$L_1 = 334086910300.5597$ 46 Terme
$L_2 = 44662.98135345906$ 23 Terme
$L_3 = -930.8274413751315$ 12 Terme
$L_4 = -112.51382654008763$ 8 Terme
$L_5 = -1.8253893030598152$ 2 Terme
$B_0 = 3223542.8031612244$ 16 Terme
$B_1 = 11284.078539209313$ 9 Terme
$B_2 = -21712.741457795928$ 7 Terme
$B_3 = -146.5114198036652$ 4 Terme
$B_4 = 23.536915616272903$ 3 Terme
$B_5 = 0$ 0 Terme
$R_0 = 165598729.85506132$ 45 Terme
$R_1 = -242854.4318958305$ 27 Terme
$R_2 = -36741.736110499434$ 11 Terme
$R_3 = 163.18435073535917$ 6 Terme
$R_4 = 8.799951280577655$ 4 Terme
$R_5 = 0$ 0 Terme

Nicht alle Planeten haben in der gekürzten Version der VSOP87 Werte für alle Größen $L_k,B_k,R_k$, so hat z.B. Mars keine Tabellenwerte für $B_5$ bzw. $R_5$, weswegen diese Werte $0$ sind.

Die Koeffizienten $A_n$ für die Länge und Breite sind in Einheiten von $10^{-8}$ Radiant gegeben, und der Koeffizient für den Radiusvektor in Einheiten von $10^{-8}\;\textrm{AE}$. Die heliozentrischen Koordinaten des Planeten sind nun gegeben durch die Polynome

$L = \big( L_0 + L_1\cdot\tau + L_2\cdot\tau^2 + L_3\cdot\tau^3 + L_4\cdot\tau^4 + L_5\cdot\tau^5 \big) \cdot 10^{-8}$
$B = \big( B_0 + B_1\cdot\tau + B_2\cdot\tau^2 + B_3\cdot\tau^3 + B_4\cdot\tau^4 + B_5\cdot\tau^5 \big) \cdot 10^{-8}$
$R = \big( R_0 + R_1\cdot\tau + R_2\cdot\tau^2 + R_3\cdot\tau^3 + R_4\cdot\tau^4 + R_5\cdot\tau^5 \big) \cdot 10^{-8}$

\(\begin{align} L &= \big( 627092790.4702826\\ & +334086910300.5597\cdot\tau\\ & +44662.98135345906\cdot\tau^2\\ & +(-930.8274413751315)\cdot\tau^3\\ & +(-112.51382654008763)\cdot\tau^4\\ & +(-1.8253893030598152)\cdot\tau^5 \big) \cdot 10^{-8}\\ & = 84\overset{rad}{.}06762304854206 \end{align}\)

Die Umwrechnung in Grad und Reduktion auf das Intervall [0-360°] mithilfe der Reduktionsfunktion ergibt

\(\begin{align} L &= 84\overset{rad}{.}06762304854206\cdot\frac{180}{\pi}\\ & = 4816\overset{\circ}{.}719994378183\\ &= 136\overset{\circ}{.}7199943781834 \end{align}\)

Analog erhält man für die Breite

\(\begin{align} B &= 0\overset{rad}{.}032237937926439836\cdot\frac{180}{\pi}\\ & = 1\overset{\circ}{.}847097783389731 \end{align}\)

Für den Radiusvektor muss nur mit $10^{-8}$ multipliziert werden, man erhält

$R = 1.6559305473697807\;\textrm{AE}$

Mars am 15.4.2023, 22:15 MESZ (heliozentrisch, geometrisch) SOLEX v12.1 (DE431) Fehler
$l =$ $136\overset{\circ}{.}719994$ $= +136^{\circ}43'12\overset{''}{.}0$ $136\overset{\circ}{.}7203941$ $1\overset{''}{.}44$
$b =$ $1\overset{\circ}{.}847098$ $= +01^{\circ}50'49\overset{''}{.}6$ $1\overset{\circ}{.}8471338$ $0\overset{''}{.}13$
$r =$ $1.655931\;\textsf{AE}$ $= 247723684\;\textsf{km}$ $1.65593234\;\textsf{AE}$ $200.5\;\textsf{km}$$

Man vergleiche die Werte mit jenen aus der DE200 weiter unten.

DE200

Man berechnet die julianischen Jahrhunderte $T$ bezüglich der Epoche $J2000.0$. Die Tabellen der Planeten teilen sie pro Planet in drei Teile auf: Die Keplerterme, ein störender Planet und zwei störende Planeten.

Die Keplerterme: Der erste Term steht für ein Vielfaches ($p_n$) der mittleren Anomalie des betrachteten Planeten. Der zweite Term ist ein Vielfaches ($s_n$) der mittleren Anomalie des störenden Planeten. Für die Keplerterme gibt es keinen dritten Term. $t$ ist der Exponent für die Zeit $T$. $s_n$ ist bei den Keplertermen immer gleich Null.

\[\begin{align} dl &= \sum_n T^{t_n}\cdot (a_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s) + b_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s)) \\ db &= \sum_n T^{t_n}\cdot (c_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s) + d_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s)) \\ dr &= \sum_n T^{t_n}\cdot (e_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s) + f_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s)) \end{align}\tag{10}\]

Werden Störungen durch einen Planet berechnet, so gelten für Merkur bis Mars die Relationen mit $t_n = 0$:

\[\begin{align} dl &= \sum_n a_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + b_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) \\ db &= \sum_n c_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + d_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) \\ dr &= \sum_n e_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + f_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) \end{align}\tag{11}\]

Im Falle von Jupiter bis Neptun wird der Index $t_n$ wieder aktiv. Es gilt dann mit $s_n \neq 0$:

\[\begin{align} dl &= \sum_n T^{t_n}\cdot (a_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + b_n \cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t)) \\ db &= \sum_n T^{t_n}\cdot(c_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + d_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t)) \\ dr &= \sum_n T^{t_n}\cdot(e_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + f_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t)) \end{align}\tag{12}\]

In einigen Fällen gibt es Störungen durch zwei Planeten gleichzeitig ($T^{t_n}$ entfällt bei diesen Termen). Die Störungsterme sind dann in folgender Weise aufgebaut: Der erste Term steht für ein Vielfaches $q_n$ der mittleren Anomalie des betrachteten Planeten. Die zweiten und dritten Terme stehen für ein Vielfaches $s_n$ und $t_n$ der mittleren Anomalien der beiden störenden Planeten. Ist $t_n$ jedoch Null (zweite Tabelle), so beeinflusst nur ein Planet.

\[\begin{align} dl &= \sum_n a_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + b_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) \\ db &= \sum_n c_n\cdot\cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + d_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) \\ dr &= \sum_n e_n\cdot \cos(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) + f_n\cdot\sin(p_n\cdot M_p + s_n\cdot M_s + t_n\cdot M_t) \end{align}\tag{13}\]

Man erhält die korrespondierenden Werte aus den Tabellen.

Beispiel 2

 Man berechne die heliozentrische Position von Mars am 15.4.2023 um 22:15 MESZ mit der Planetentheorie DE200.

Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit der einzelnen Rechenschritte werden nachfolgend alle Kommastellen stehen gelassen. Bei einer praktischen Berechnung sollten die Werte natürlich vernünftig gerundet werden!


Die mitteleuropäische Sommerzeit wird in Weltzeit umgewandelt:

$UT = MESZ - 2^{h} = \textrm{22:15} - 2^{h} = \textrm{20:15}$

Der julianische Tag für den 15.4.2023 um 20:15 $UT$ wurde bereits in diesem Beispiel berechnet zu $JD = 2460050.34375$. Die Berechnung der Planetenposition muss in der Zeitskala der dynamischen Zeit $TD$ erfolgen, es gilt $TD = UT + \Delta T$.

Im Jahr 2023 war der Wert von $\Delta T$ etwa $69^{s}$, daher folgt mit 86400 Sekunden pro Tag

$JDE = JD + \frac{69^{s}}{86400\tfrac{s}{d}} = 2460050.344548611$

Damit sind die julianischen Jahrhunderte $T$ bezüglich der Epoche $J2000$ gegeben mit

\(\begin{align} T &= \frac{JDE - 2451545.0}{36525}\\ &= \frac{2460050.344548611 - 2451545.0}{36525}\\ &= 0.23286364267244272 \end{align}\)

Auf den Tabellenseiten für die Planetentheorie DE200 findet man bei Mars für die Grundwinkel $M_2, M_3, M_4, M_5$ und $M_6$ (mittlere Anomalien):

\(\begin{align} M_2 &= 49\overset{\circ}{.}759488 + 58320\overset{\circ}{.}0 \cdot T + 197\overset{\circ}{.}371512 \cdot T\\ M_3 &= 357\overset{\circ}{.}343488 + 35640\overset{\circ}{.}0 \cdot T + 358\overset{\circ}{.}928496 \cdot T\\ M_4 &= 19\overset{\circ}{.}387908 + 19080\overset{\circ}{.}0 \cdot T + 59\overset{\circ}{.}858496 \cdot T\\ M_5 &= 19\overset{\circ}{.}761984 + 2880\overset{\circ}{.}0 \cdot T + 154\overset{\circ}{.}461996 \cdot T\\ M_6 &= 317\overset{\circ}{.}202012 + 1080\overset{\circ}{.}0 \cdot T + 141\overset{\circ}{.}669000 \cdot T \end{align}\)

Das ergibt

\(\begin{align} M_2 &= 13676\overset{\circ}{.}327777900946\\ &= 356\overset{\circ}{.}3277779009459\\ M_3 &= 8740\overset{\circ}{.}185109883361\\ &= 100\overset{\circ}{.}18510988336129\\ M_4 &= 4476\overset{\circ}{.}365077613661\\ &= 156\overset{\circ}{.}36507761366101\\ M_5 &= 726\overset{\circ}{.}377850953742\\ &= 6\overset{\circ}{.}3778509537420405\\ M_6 &= 601\overset{\circ}{.}6843054800005\\ &= 241\overset{\circ}{.}6843054800005 \end{align}\)

Für große Winkel wurde die Reduktionsfunktion verwendet.

Die Theorie gliedert nun die Störterme in die Keplerterme und die Störungen durch die anderen Planeten. Bei der Summierung der Terme muss akkurat auf die Indizes geachtet werden. Mars hat in dieser Theorie insgesamt 106 Terme, die Indizes sind dabei folgende:

Summen-Indizes für Mars Index
Keplerterme $1-12$
Störungen durch die Venus $13-24$
Störungen durch die Erde $25-65$
Störungen durch den Jupiter $66-94$
Störungen durch den Saturn $65-106$

Für die Keplerterme gibt es den Vorfaktor $T^{t_n}$, der nicht vergessen werden darf. Die Potenzen $t_n$ stehen in der letzten Spalte der Tabelle. Die Koeffizienten $a_n, b_n$ gehören zu den Störungen in Länge, $c_n, d_n$ zu den Störungen in der Breite sowie $e_n, f_n$ zu den Störungen im Radiusvektor. Da für die Keplerterme alle Koeffizienten $s_n = 0$ sind, können die Argumente $s_n\cdot M_s$ in den Sinus- bzw. Cosinusfunktionen der Keplerterme weggelassen werden. Die Summen der Keplerterme ergibt (in Bogensekunden bzw. in $10^{-6}\;\textsf{AE}$) daher

\(\begin{align} dl &= 13936\overset{''}{.}942521868405 \\ db &= 6053\overset{''}{.}4243949685515 \\ dr &= 125653.09257656247 \end{align}\)

Nun zu den Störtermen der einzelnen Planeten. Die Koeffizienten $t_n$ sind hier für Mars alle $0$, daher kann man in den Gleichungen das Argument $t_n\cdot M_t$ weglassen. Der Koeffizient $p_n$ gehört zu dem berechneten Planeten $M_p = M_4$, also Mars, und $s_n$ gehört zum jeweils störenden Planeten: $s_n\cdot M_2$ für Venus, $s_n\cdot M_3$ für die Erde, usw.

Die Summen der Störterme werden nun sukzessive zu den Keplertermen addiert:

$+$ Störungen von Venus: (Terme 13-24)
\(\begin{align} dl &= 13940\overset{''}{.}866562002506 \\ db &= 6053\overset{''}{.}349384658571 \\ dr &= 125650.24540905896 \end{align}\)

$+$ Störungen von der Erde: (Terme 25-65)
\(\begin{align} dl &= 13933\overset{''}{.}00786489857 \\ db &= 6053\overset{''}{.}45191658226 \\ dr &= 125616.29705811165 \end{align}\)

$+$ Störungen von Jupiter: (Terme 66-94)
\(\begin{align} dl &= 13923\overset{''}{.}32893440705 \\ db &= 6053\overset{''}{.}461033576 \\ dr &= 125600.1079410788 \end{align}\)

$+$ Störungen von Saturn: (Terme 95-106)
\(\begin{align} dl &= 13923\overset{''}{.}56281704515 \\ db &= 6053\overset{''}{.}472641929037 \\ dr &= 125599.92116490671 \end{align}\)

Die heliozentrischen Koordinaten sind nun gegeben durch die Gleichungen, die man unter den entsprechenden Tabellen findet. Für Mars hat man hier noch die Zusatzkorrektur $\Delta l$ zu berechnen:

\(\begin{align} \Delta l = &+52\overset{''}{.}49\cdot \sin(67\overset{\circ}{.}248 + 19\overset{\circ}{.}764\cdot T)\\ &+ 0\overset{''}{.}61\cdot \sin(331\overset{\circ}{.}92 + 119\overset{\circ}{.}052\cdot T)\\ &+ 0\overset{''}{.}32\cdot \sin(170\overset{\circ}{.}316 + 773\overset{\circ}{.}46\cdot T)\\ &+ 0\overset{''}{.}28\cdot \sin(340\overset{\circ}{.}812 + 40\overset{\circ}{.}788\cdot T)\\ &= 49\overset{''}{.}77426176362845 \end{align}\)

Schließlich erhält man die heliozentrischen Koordinaten von Mars für den gegebenen Zeitpunkt mit

\(\begin{align} l_4 &= M_4 + 336\overset{\circ}{.}045276\\ &+ \big(0\overset{''}{.}14 + 6616\overset{''}{.}37\cdot T\\ &+ 0\overset{''}{.}99\cdot T^2 + \Delta l + dl\big)/3600\tfrac{''}{\circ}\\ &= 4816\overset{\circ}{.}719865497411\\ &= 136\overset{\circ}{.}71986549741086 \end{align}\)

\(\begin{align} b_4 &= \big(+596\overset{''}{.}32 - 2\overset{''}{.}92\cdot T\\ &-0\overset{''}{.}10\cdot T^2 + db\big)/3600\tfrac{''}{\circ}\\ &= 1\overset{\circ}{.}846974238206896 \end{align}\)

\(\begin{align} r_4 &= 1.5303352 + 1.31 \cdot T \cdot 10^{-5} + dr\cdot 10^{-6}\\ &= 1.6559381716786254\; \textrm{AE} \end{align}\)

Mars am 15.4.2023, 22:15 MESZ (heliozentrisch, geometrisch) SOLEX v12.1 (DE431) Fehler
$l =$ $136\overset{\circ}{.}719866$ $= +136^{\circ}43'11\overset{''}{.}5$ $136\overset{\circ}{.}7203941$ $1\overset{''}{.}90$
$b =$ $1\overset{\circ}{.}846974$ $= +01^{\circ}50'49\overset{''}{.}1$ $1\overset{\circ}{.}8471338$ $0\overset{''}{.}56$
$r =$ $1.655938\;\textsf{AE}$ $= 247724825\;\textsf{km}$ $1.65593234\;\textsf{AE}$ $-846.7\;\textsf{km} $

Man vergleiche die Werte mit jenen aus der VSOP87 weiter oben.

Störungsrechnung der Planeten in geringer Genauigkeit

Wenn die obigen Berechnungsvorgänge zu aufwendig sind, kann man abgekürzte Störungsrechnungen mit geringerer aber dennoch ausreichender Genauigkeit durchführen. Dies gilt für die äußeren Planeten von Jupiter bis Neptun. Für die inneren Planeten Merkur bis Mars sind die Störterme zu klein als dass sie signifikante Resultate in der Korrektur erzielen.

Störungstheorien I

Wenn die obigen Berechnungsvorgänge zu aufwendig sind, kann man abgekürzte Störungsrechnungen mit geringerer aber dennoch ausreichender Genauigkeit durchführen. Dies gilt für die äußeren Planeten von Jupiter bis Neptun. Für die inneren Planeten Merkur bis Mars sind die Störterme zu klein als dass sie signifikante Resultate in der Korrektur erzielen. Berücksichtigt werden hier die größten Störungsterme von Jupiter bis Neptun in der heliozentrischen Länge $l$.

$$d = JDE - 2451545\tag{14}$$

Tabelle 1
DE200 VSOP87
Hilfsterm: $V^∗ = 172\overset{\circ}{.}74820 + 0\overset{\circ}{.}00111624\cdot d$ $V = 172\overset{\circ}{.}74786 + 0\overset{\circ}{.}00111588\cdot d$
Jupiter: $\Delta l_5 = +0\overset{\circ}{.}32865\cdot\sin(V^∗)$ $\Delta l_5 = +0\overset{\circ}{.}32865\cdot\sin(V−0.00920^{\circ})$
Saturn: $\Delta l_6 = −0\overset{\circ}{.}81025\cdot\sin(V^∗)$ $\Delta l_6 = −0\overset{\circ}{.}81025^{\circ}\cdot\sin(V)$
1. Hilfsterm: $V_7 = 49\overset{\circ}{.}72697 + 0\overset{\circ}{.}00999611\cdot d$ $V = 62\overset{\circ}{.}17717 + 0\overset{\circ}{.}00023287\cdot d$
2. Hilfsterm: $V_8 = 270\overset{\circ}{.}42993 + 0\overset{\circ}{.}07710592\cdot d$ $-$
Uranus: $\Delta l_7 = +0\overset{\circ}{.}03972\cdot\sin(V_7)$ $\Delta l_7 = +0\overset{\circ}{.}86187\cdot \sin(V)$
Neptun: $\Delta l_8 = +0\overset{\circ}{.}00949\cdot\sin(V_8)$ $\Delta l_8 = +0\overset{\circ}{.}58426\cdot \sin(V − 0\overset{\circ}{.}01199)$

Man braucht $\Delta l_k$ nur zur mittleren Anomalie oder Länge zu addieren.

Für Saturn selbst muss noch die heliozentrische Breite $b$ mit $\Delta b$ korrigiert werden. $M_5$ und $M_6$ sind die mittleren Anomalien der Planeten Jupiter bzw. Saturn.

Tabelle 2
DE200: \(\begin{align} \Delta b_6 =& −0\overset{\circ}{.}01962\cdot\cos(2\cdot M_5 − 4\cdot M_6 − 3\overset{\circ}{.}50341)\\ &+ 0\overset{\circ}{.}01775\cdot\cos(2\cdot M_5 − 6\cdot M_6 − 6\overset{\circ}{.}97510) \end{align}\)
VSOP87: \(\begin{align} \Delta b_6 =& −0\overset{\circ}{.}01955\cdot\cos(32\overset{\circ}{.}82876 + 0\overset{\circ}{.}032343769\cdot d)\\ &+ 0\overset{\circ}{.}01768\cdot\cos(199\overset{\circ}{.}64256 + 0\overset{\circ}{.}034575535\cdot d) \end{align}\)

In der DE200 sind das die Terme Nr. 25 und 35, in der VSOP87 die Terme Nr. 4 und 5.

Diese Angaben findet man in ähnlicher Form bei P. Schlyter.

Störungstheorien II

1992 veröffentlichte E.M. Standish Störungsterme, die zur Berechnung von $M$ für Jupiter bis Pluto, (Gültigkeit 3000 v.Chr. bis 3000 n.Chr.), wie oben beschrieben, hinzugefügt werden müssen.

$$T = \frac{JDE - 2451545}{36525}\tag{15}$$

$$M = L - \varpi +b\cdot T^2 + c\cdot\cos(f\cdot T) + s\cdot\sin(f\cdot T)\tag{16}$$

Tabelle 3
$b\;\big[\frac{\circ}{Jht^2}\big]$ $c\;[^{\circ}]$ $s\;[^{\circ}]$ $f\;\big[\frac{\circ}{Jht^2}\big]$
Jupiter: $-0.00012452$ $ 0.06064060$ $-0.35635438$ $38.35125000$
Saturn: $ 0.00025899$ $-0.13434469$ $ 0.87320147$ $38.35125000$
Uranus: $ 0.00058331$ $-0.97731848$ $ 0.17689245$ $ 7.67025000$
Neptun: $-0.00041348$ $ 0.68346318$ $-0.10162547$ $ 7.67025000$
Pluto: $-0.01262724$